Aus Überzeugung für Amnesty singen

Das Duo „Latin Quarter“ setzt sich für die Menschenrechte ein – Mit der Band sprach Thorsten Winter

„I’m hearing only bad news on Radio Africa, I’m hearing only sad news…“, lautet der Refrain jener Ballade, die die britische Gruppe „Latin Quarter“ bekanntgemacht hat. Ein Erfolg mit Seltenheitswert: Wann taucht eine vertonte Klage über Menschenrechtsverletzungen schon mal weltweit in den Hitparaden auf? Selbst für „Latin Quarter“ war dieser außergewöhnliche Top-Hit eine Eintagsfliege.

Dabei sind schlechte, traurige Nachrichten nicht nur über „Radio Africa“ zu hören: Menschenrechtsverletzungen gehören in den meisten Staaten zum Alltag. Entführungen, Verhaftungen ohne rechtliche Grundlage, Folter sowie Mord aus politischen Motiven geschehen dabei nicht nur in exotischen „Bananenrepubliken“, die die westliche Welt nur schief anschaut. Die Jahresberichte von Amnesty international weisen regelmäßig anderes aus.

Amnesty international ist die einzige weltumspannende Organisation, die sich unnachgiebig für Menschenrechte einsetzt, ohne vor irgendwelchen politischen Grenzen halt zu machen. Schon deshalb ist sie nie unumstritten gewesen – und bedarf demzufolge vielfältiger Unterstützung. „Latin Quarter“ gehört zu jenen, die Amnesty unterstützen: Zur Zeit ist das Duo mit „The Dostoyevskys“ im Rahmen einer Benefiz-Tour durch die Bundesrepublik unterwegs; am vergangenen Sonntag spielten beide Bands vor rund 600 Besuchern im Audimax der Gießener Uni.

Nach dem Ende des vierstündigen Konzertes zeigten sich Steve Skaith und Richard Wright zuversichtlich, daß sie ihr Ziel erreichten. „Ich glaube, wir geben den Mitarbeiter von amnesty das Gefühl, daß sie nicht alleine sind“, so Sänger Steve. Da sie selbst in ihren Songs über Ungerechtigkeiten berichteten, stelle die aktuelle Benefiz-Tour einen „Akt der Solidarität“ mit der Menschenrechtsorganisation dar.

Daß in der Vergangenheit sogenannte Wohltätigkeitskonzerte kritisiert worden sind, weil die Einnahmen nicht bei den Bedürftigen, sondern auf ertragreichen Konten landeten, ändere nichts an der Bedeutung der Amnesty-Tour „für die Menschenrechte“ – nicht nur weil Amnesty seriös sei. Es mache durchaus Sinn, betonte Richard. Denn auch die, die erst einmal wegen der Musik ins Konzert kämen, würden dabei zwangsläufig auf die Infostände von Amnesty aufmerksam. „Natürlich läuft die Sache auch andersherum, und es freut uns“, räumte Steve freimütig ein, „wenn den Leuten, die uns noch nicht kannten, unsere Musik gefällt“.

Dem Motto, unter dem die Tour steht, komme zugute, daß die Bands in kleineren Hallen spielen. „Da bekommt man leichter Kontakt zum Publikum. Die Leute hören uns zu. Sie tanzen und singen mit, wenn Musik und Text dies beabsichtigen. Aber sie sind auch still und andächtig, wenn wir über einen politisch motivierten Mord singen.“

Allerdings sind sich die beiden auch im klaren darüber, daß sie es kaum vermögen, im Konzert die Meinung eines Besuchers „umzudrehen“. „Angenommen ein Nazi kommt in einen unserer Gigs. Du darfst doch nicht glauben, daß er hinterher ein Anti-Nazi sein wird.“

Apropos Nazi: „Latin Quarter“ hat auch in Rostock gespielt – und die beiden Musiker „trafen auf Hunderte von jungen Leuten, die von rechtsradikalen und extremen Sprüchen und Taten sowenig halten wie wir.“